
AKTUELLES URTEIL
Leistungsverzeichnis vom
Auftragnehmer
Trotzdem Mehrvergütung für zusätzliche Leistungen
*Der Autor ist Jurist und arbeitet als Geschäftsführer
für die Innung Spengler, Sanitär
und Heizungstechnik München.
SANITÄR+HEIZUNGSTECHNIK 11/2021 31
RA RALF SUHRE*
Ist ein Auftragnehmer
aufgrund eines von ihm erstellten
Leistungsverzeichnisses
nach Einheitspreisen
mit punktuellen Reparaturen
oder Sanierungsmaßnahmen
in einer Bestands-
immobilie beauftragt,
dann sind die Kosten nicht
erwähnter weiterer Baumaßnahmen,
auch wenn
sie für die Funktionstauglichkeit
der Leistung erforderlich
sind, hiervon in der
Regel nicht umfasst. Dies
hat das Kammergericht
(KG) Berlin mit Urteil vom
13.04.2021 (Aktenzeichen:
21 U 45/19) entschieden.
Sachverhalt:
Der Auftragnehmer (AN) wird anlässlich
einer Undichtigkeit auf der
Grundlage eines von ihm erstellten
Leistungsverzeichnisses (LV) mit der
Neuherstellung von Gassträngen in
einem Altbau beauftragt. Der Auftraggeber
(AG) bemängelt, dass die
Durchführungen der verlegten Leitungen
durch die Decken nicht dicht
sind, so dass Essensgerüche von einem
Stockwerk zum anderen dringen
können. Weil durch die ordnungsgemäße
Abdichtung der Durchbrüche
höhere Kosten entstehen, bezahlt
der AG die Schlussrechnung des AN
über 5.200 Euro nicht, weshalb dieser
Klage erhebt.
Entscheidung des Gerichts:
Die Klage des AN hat Erfolg! Allerdings
muss er die Geschossdecken –
gegen zusätzliche Vergütung – noch
verschließen. Die Leistung wurde mit
einem LV nach Einheitspreisen angeboten.
Der Verschluss der Deckendurchbrüche
ist dort nicht aufgeführt
und deshalb nicht mit den vereinbarten
Preisen abgegolten (vgl. § 2 Abs.
1 VOB/B). Bei der Baumaßnahme
handelt es sich um eine punktuelle
Reparatur- bzw. Sanierungsmaßnahme
in einem Altbau. Wenn eine
solche Baumaßnahme aus Anlass eines
konkreten Schadensfalls in Auftrag
gegeben wird, ist für den AG in
der Regel erkennbar, dass sich der genaue
Umfang der Leistungen mitunter
erst im Verlauf der Arbeiten herausstellt.
Insbesondere wenn es dem
AG um eine günstige Reparaturmaßnahme
geht und der AN sich darauf
einlässt und bemüht ist, in seinem
Angebot die Kosten niedrig zu halten,
ist für eine objektive Vertragspartei
erkennbar, dass der AN mit
diesem Angebot nur die explizit aufgeführten
Leistungen erbringen will
und nicht bereit ist, den geschuldeten
funktionalen Erfolg auch dann zu
dieser Vergütung zu erbringen, wenn
sich Weiterungen ergeben. Möchte
der AG die vereinbarte Vergütung in
einem solchen Sinne funktional oder
pauschal verstanden wissen, muss es
konkrete Anhaltspunkte dafür geben,
dass sich der AN darauf eingelassen
hat. Weil der AG das Gericht
nicht davon überzeugen konnte,
dass der Auftrag nicht erteilt worden
wäre, wenn ihn der AN auf die entstehenden
Mehrkosten hingewiesen
hätte, hat er auch keinen Anspruch
auf Schadensersatz wegen eines unterlassenen
Hinweises.
Praxishinweis:
Wird die Leistung detailliert mit einem
LV beschrieben, umfasst der
vereinbarte (Einheits-)Preis sie nur
in der jeweils angegebenen Größe,
Güte und Herstellungsart. Notwendig
werdende Zusatzarbeiten sind
gesondert zu vergüten. Das gilt nach
der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes
auch dann, wenn die
Vertragsparteien auf Anregung des
AN eine bestimmte Ausführungsart
zum Vertragsgegenstand gemacht
haben.